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Brief von Elias Andrea Manzinoja vom 18. November 1824

 

 Anny Huber-Sutter übersetzt:

"Ein Brief meines Grossvaters Elias Andrea Manzinoja, geb. 1811 (später Landammann), der im Alter von 13 Jahren nach Niort (Frankreich) reisen musste, um bei seinem Vaer, Andrea Nuot Manzinoja im "Café Helvetique" eine Lehrstelle anzutreten. Der Brief ist an seine Mutter, Barbla Manzinoja, geb. Zamboni von Bever, und seine jung verheiratete Schwester Mengia Stuppaun geb. Manzinoja."

Paris, den 13. November 1824

Meine liebe Mutter und meine liebe Schwester!

Ich hoffe, dass dieser Brief Euch in bester Gesundheit antreffen werde. Die

Gnade geniesse ich auch, ich bitte den Höchsten um Fortsetzung dieser uns allen zugeteilte Wohltat.

Meine liebe Mutter, wir sind Mittwochabend alle, Gott sei Dank, gesund angekommen. Wir (etliche Jünglinge aus Pontresina) hatten eine sehr gute Reise und sind fröhlich und zufrieden gewesen. Hier haben wir Herrn Peider Lelly angetroffen und seine Frau, die so schön ist, dass man sie mit dem Pinsel (Feder) nicht schöne malen könnte.

Auf dem Albulapass hatten wir Schnee bis zu den Knien, an dem Tag sind wir bis Bergün gelaufen, am folgenden Tag hatten wir noch mehr Schnee und sind in Chur angekommen und am dritten Tag haben wir einen Fuhrwagen genommen bis nach Walenstadt. Meine liebe Mutter, mit dem Schiff fahren ist wie wenn man mit dem Schlitten fahren würde, es ist wirklich sehr angenehm kann ich Euch versichern. Meine liebe Mutter, ich bin fröhlich und zufrieden, seid ohne Sorge meine liebe, liebe Mutter.

Ich werde noch einige Tage hier in Paris bleiben, dann reise ich mit Herrn Peider Lelly bis Blü...(?) ca. 40 Stunden von hier entfernt. Ich muss dann nur noch 60 Stunden allein weiterreisen. Es ist ein Spass mit diesen Kutschen zu reisen. Ich wohne hier bei meinem Paten Herrn Murezza, er ist ein sehr guter, liebenswürdiger Mann und seine Frau auch. Sie sind sehr lieb zu mir, sie haben mich überall hingeführt um mir die Sehenswürdigkeiten (Schönheiten) zu zeigen, man muss nur staunen! Man sieht alles mögliche, alles was man sich nur wünschen kann. Der königliche Palast ist grösser als das ganze Engadin!? Und die Bauten sind alle zusammengehängt! Und all diese Menschen und immer wieder Menschen, so dass man fast nicht über die Strassen kann. An einem Abend waren wir in der Komödie und hatten es sehr lustig.

Du meine liebe Mengia hast wohl recht, dass du nach Frankreich kommen willst, da sieht man auch etwas. Es ist gut reisen in den "deligences", aber Hunger kriegt man, man muss oft bis 24 Stunden ohne essen sein, aber wenn wir dann etwas erwischt haben, haben wir uns vollgegessen. Es ist schon ?, wenn die die Pferde gewechselt wurden, gingen wir wohl in Wirtschaften um etwas zu trinken, aber zum Essen reichte die Zeit nicht. Oft ging es über steinige Wege, viele Reisende konnten nicht schlafen, aber ich schlief wie in meinem Bett, wir haben wirklich eine fröhliche Reise gehabt. Lelly (Sar Nuot Lelly) war voller Witz und Dummheiten (Narrheiten), dass wir uns krank lachen konnten (mussten).

Lelly bleibt bei meinem Paten, Herrn Murezza, sie benötigen gerade eine Hilfe und behalten ihn dort. Ulrich Stiffler geht nach Rouen zu Herrn Bernhard Saratz. Er ist breit und dick (wie ein Schwein!) Jenny geht nach Bordeaux, sie sind alle heute abgereist, der liebe Gott möge sie gut leiten!

In Chur haben wir den Jecklin gesehen, sie lassen euch alle grüssen, sie hatten mich zu sich eingeladen, aber da ich abreisen musste, bin ich nicht hingegangen.

Für heute liebe Mutter reicht es mir nur als euch zu grüssen, euer sehr verbundener, liebender Sohn.

                                                                                                                  E. A. Manzinoja

Küsst meine liebe Nichte Ursigna

100 und 1000 Mal. Lebt wohl, meine

liebe, liebe Mutter und meine Schwester.

2024 by Rita Buchli

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